Das Reiten mit den Bällen​

Die Idee hinter den Franklin-Bällen ist so einfach wie genial: Verschiedene Bälle, an verschiedenen Körperteilen des Reiters platziert, tragen dazu bei, dass die Bewegungsabläufe des Pferdes auf eine neue, ungewohnte Weise auf den Reiter übertragen werden. Sie bringen den Reiter zunächst aus seinem gewohnten Gleichgewicht bzw. aus seiner gewohnten Situation in eine ungewohnte. Durch die vielen neuen Reize werden Muskeln und Faszien aktiviert, die sich in der gewohnten Situation gar nicht mehr an der Bewegung beteiligen – und am Ende, wenn die Bälle wieder entfernt werden, ist der Reiter quasi automatisch beweglicher und sensibler für seine eigene Einwirkung. Doch vor dem Himmel kommt die Hölle, so fühlt es sich jedenfalls im ersten Moment an, wenn man auf einer mit Luft oder auch mit Wasser gefüllten Rolle sitzt und dadurch quasi „in den ersten Stock“ über dem Sattel platziert wird. Man wird vor- und zurückgeschoben, pendelt ungewollt von rechts nach links, und im Trab bzw. Galopp geht es rund zehn Zentimeter hoch und runter. Oder man fühlt sich wie Popeye, der gerade zwei Dosen Spinat „auf ex“ geschluckt hat: Je ein Ball unter den Achseln, breitarmig wie ein Angeber, der die Muskeln spielen lässt. Am wackeligsten wird die Angelegenheit, wenn je ein Ball rechts und links unter die Oberschenkel geklemmt wird. 

Das Gehirn wird irritiert und gleichzeitig angeregt, eine einmal abgespeicherte Lösung nicht länger als einzige zuzulassen, sondern am Ende, nach dem Reiten mit Bällen, wieder aus einer ganzen Palette von möglichen Lösungen die beste herauszufiltern. Spannend daran ist, dass sich dies quasi „automatisch“ abspielt, wir also nicht länger versuchen, bewusst daran zu denken, gerader zu sitzen oder geschmeidiger in der Hüfte mitzuschwingen – statt dessen tun wir es einfach.

„Die Bälle erzeugen vielfältigere und umfangreichere Bewegungen des Reiters“, begründet Meyners die „kleinen Metamorphosen“, die jeder durchleben wird. „Für den Reiter entstehen ständig neue Situationen, in denen er sich zurechtfinden und ausbalancieren muss. Sein Gehirn muss also sozusagen immer wieder neue Suchaktionen starten, um optimal zu reagieren. Wenn die Bälle immer wieder, aber immer ein bisschen verändert benutzt werden, wird es mit der Zeit für das Gehirn immer leichter, eine Vielzahl an Bewegungsmustern abzuspeichern. Als Beispiel gibt Meyners das Aussitzen im Trab an. „Normalerweise ist nur ein einziges Muster für Aussitzen im Trab im Gehirn abgespeichert. Wenn man aber erst auf der Mini-Rolle sitzt, später dann mal die Franklin-Bälle unter die Arme und an verschiedenen Stellen des Oberschenkels platziert, dann hat das Gehirn plötzlich zehn statt nur noch einem Muster. Und es sucht für den Reiter das bequemste aus!“

(Quelle: St Georg 2017)

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